Vorhofflimmern kann unter anderem ein erhöhtes Schlaganfallrisiko anzeigen. Wie oft diese Herzrhythmusstörung aufgetreten ist, entscheidet nicht allein über die Frage, ob die Blutgerinnung medikamentös gehemmt werden sollte.
Unter den Herzrhythmusstörungen, die kardiologische Aufmerksamkeit verdienen, ist das Vorhofflimmern am weitverbreitetsten. Knapp zwei Millionen Patienten in Deutschland sind davon betroffen, wobei darüber hinaus eine hohe Dunkelziffer vermutet wird. Denn oftmals bemerken die Patienten ihr Leiden gar nicht. Gefährlich ist es jedoch auch in diesem Fall.
„Das Schlaganfallrisiko von Patienten mit Vorhofflimmern ist gegenüber einer Kontrollgruppe um das Fünf- bis Siebenfache erhöht. Fast jeder dritte Schlaganfall geht auf Vorhofflimmern zurück“, erläutert der Herzmediziner Dr. Patrick Darb-Esfahani, der in Berlin-Friedenau eine kardiologische Praxis betreibt. Dementsprechend ist es in der Regel sinnvoll, auf das Warnzeichen mit therapeutischen Maßnahmen zu reagieren.
Als Mittel der Wahl bietet sich eine Antikoagulation an – so wird die Einnahme gerinnungshemmender Medikamente (Antikoagulanzien) bezeichnet. Diese sind nicht zu verwechseln mit Thrombozytenaggregationshemmern wie ASS (Aspirin), die eine Verklumpung der Blutplättchen verhindern. Antikoagulanzien hemmen die Gerinnungsneigung des Blutplasmas. Man unterscheidet zwischen Vitamin-K-Antagonisten (VKA) und den seit einigen Jahren etablierten direkten oralen Antikoagulanzien (DOAK; häufig auch NOAK für neue orale Antikoagulanzien). Eine Kombination von ASS und Antikoagulanzien empfiehlt sich übrigens nicht, da der Effekt nicht stärker wird, das Blutungsrisiko allerdings schon.
Gesamtbild (CHA2DS2-VASc-Score) entscheidet über Therapienotwendigkeit
Sollten Patienten also sofort nach dem ersten Auftreten von Vorhofflimmern eine Antikoagulation beginnen oder erst mal abwarten? Diese Frage lässt sich nicht pauschal beantworten, wie Herzspezialist Dr. Darb-Esfahani erklärt: „Entscheidend ist nicht die Häufigkeit des Vorhofflimmerns, sondern der gesamte Risikostatus. Dieser lässt sich mit dem bewährten CHA2DS2-VASc-Score ermitteln, der das Schlaganfallrisiko auf der Basis verschiedener Faktoren zusammenfasst.“
Der CHA2DS2-VASc-Score wird sowohl von der European Society of Cardiology (ESC) als auch vom American College of Cardiologie bzw. von der American Heart Association Task Force zur Erhebung des individuellen Schlaganfallrisikos empfohlen. Er bezieht die Merkmale Herzinsuffizienz, Bluthochdruck, Alter des Patienten, Diabetes mellitus und frühere Erkrankungen wie Herzinfarkt oder periphere arterielle Verschlusskrankheit (PAVK) sowie bereits erlittene Schlaganfälle, Thrombembolien und transitorische ischämische Attacken (TIA) ein. Im Ergebnis gibt ein Punktwert das jeweilige Risiko an – liegt er höher als eins, sollte eine Antikoagulation erfolgen.