Sport ist zwar gut fürs Herz-Kreislauf-System; dennoch kann ein hohes Sportpensum zu stärkerer Plaquebildung in den Arterien führen, wie eine Studie der Universität London kürzlich offenbarte.
Ausgerechnet: Seit Jahrzehnten halten Herzmediziner ihre Patienten dazu an, sich viel zu bewegen. Dass Sport das Risiko kardiovaskulärer Erkrankungen deutlich reduziert, ist einer der fundamentalen Glaubenssätze der Medizin. Und nun verbreiten Londoner Forscher die Nachricht, dass Leistungssport die Arterienverkalkung nicht nur nicht aufhalte, sondern sogar verstärke. Gilt damit das jahrzehnte-, wenn nicht jahrhundertealte Credo von der segensreichen Wirkung sportlicher Betätigung nicht mehr?
Klare Antwort: Es gilt nach wie vor uneingeschränkt. Zwar konnten die Wissenschaftler um Ahmed Merghani von der Universität London tatsächlich in den Koronararterien von 152 Ausdauersportlern mehr arteriosklerotische Ablagerungen feststellen als in denen gleichaltriger und prinzipiell gleich gesunder „Normalbürger“. Doch zugleich geben sie Entwarnung: Die Ablagerungen sind strukturell stabiler als bei Nicht-Leistungssportlern. Dass die überwiegend kalzifizierte Plaque abbricht und Koronararterien verstopft, was zu einem Herzinfarkt führen würde, ist daher wenig wahrscheinlich. Ebenfalls für ein geringes kardiovaskuläres Risiko spricht der Kalziumscore der Probanden, der bei etwa ebenso vielen Teilnehmern im normalen Bereich liegt wie in der Kontrollgruppe.
Erkenntnisse gelten für Sportcracks
Wer sich zwei-, dreimal die Woche laufend, schwimmend oder Rad fahrend für ein Stündchen ins Schwitzen bringt, ist ohnehin nicht von der stärkeren Arterienverkalkung betroffen. Bei den Probanden der Londoner Studie handelt es sich um sehr ambitionierte Sportler – zum größten Teil Läufer –, die im Schnitt seit 31 Jahren Ausdauersport mit 7,7 Trainingsstunden pro Woche betreiben und bereits 13 Marathons absolviert haben. Ein Pensum, auf das Freizeitsportler eher selten kommen.
Die Londoner Forscher vermuten, dass sich die Bildung von Plaque bei Leistungssportlern pathophysiologisch anders vollzieht als bei „normalen“ Sportlern. Interessanterweise betrifft das aber nur die Männer – die teilnehmenden Leistungssportlerinnen wiesen keine auffällige Plaquebildung auf. Auch mindestens 50-prozentige Stenosen wurden nur bei männlichen Probanden festgestellt.
„Die Studie liefert keine Argumente gegen regelmäßige sportliche Aktivitäten; für das Herz-Kreislauf-System ist Sport ebenso förderlich wie eine gesunde Ernährung“, fasst der Herzmediziner Dr. Patrick Darb-Esfahani, der am Rüdesheimer Platz in Berlin-Friedenau praktiziert, zusammen. „Wer seinem Körper besondere Leistungen abverlangt, sollte aber regelmäßig ärztlich prüfen lassen, ob der Organismus nicht überlastet wird.“